Madagaskar - unsere Route - Teil 2


Die zwei Tage in Ifaty nutzen wir, um das Reniala Reservat und die örtliche Salzfabrik zu besichtigen. Nach langem, zähen Feilschen mit einem wohl eher selbsternannten Guide werden wir von ihm und zwei seiner Kollegen auf einem Zebu-Karren zu den beiden Sehenswürdigkeiten gefahren … eine holprige Angelegenheit. Die Einheimischen, denen wir auf dem Weg begegnen grinsen uns belustigt zu. Sie finden es sichtlich witzig, zwei Fremde „Wasa“ auf diesem Gefährt zu sehen.

 

Am Abend rudern uns drei junge Männer zu einem guten Preis – erneut nach einigem Verhandlungsgeschick - zum Nachtessen in ein dort sehr bekanntes Restaurant. Dies bedeutet eine rund einstündige – für die Männer ziemlich anstrengende - Pirogen-Fahrt (gegen die Strömung). Der Retourweg im Dunkeln erscheint uns anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, mit der Zeit macht uns die Dunkelheit jedoch nichts mehr aus und wir entdecken die vielen Lichter an der Küste und die blinkenden Sterne am Himmel. Und wir geniessen die einzig durch das paddelnde Geräusch unserer Pirogenfahrer durchbrochene Stille …

 

Ein vom Hotel bestellter Fahrer fährt uns am dritten Tag nach Tulear, wo uns unser Freund Germain -pünktlich wie immer - bereits mit seinem Auto erwartet. Mit ihm geht die Reise weiter nach Ranohira, wo wir im einzigartigen Isalo-Nationalpark auf Entdeckungsreise gehen. Unser rundes Hüttchen vom Hotel „Isalo Ranch“ ist perfekt ... aus dem Liegestuhl vor der Hütte sehen wir direkt an das Gebirge des Nationalparks. Idylle pur … wir sind begeistert!

 

Die Wanderung am nächsten Tag hat es in sich. Glücklicherweise schützt uns beim Aufstieg eine Wolkendecke vor der sengenden Hitze. Unterwegs erzählt und erklärt uns der äusserst sympathische und gesprächige Parkguide ununterbrochen viele interessante Geschichten. Der Rundgang mit ihm wird nicht nur zur Geschichts- sondern auch zur absoluten Comedy-Nummer. Eine zickige Touristin, der wir mehrmals begegnen, liefert uns genügend Stoff, um uns mit unserem Guide ausgiebig über sie zu amüsieren. Sie möge uns das verzeihen …

 

Vor dem Nachtessen fährt uns Germain zum kleinen Park-Museum und danach zum „Window“ … ein Loch in einer Felswand, wo die Touristen den Sonnenuntergang beobachten und fotografieren können. Leider verpassen wir durch den Museumsbesuch die magischen Minuten des perfekten Lichtes. Es reicht nicht mehr, die einzigartige Lichtstimmung zu fotografieren. Ich habe aber wieder etwas dazugelernt: Ich muss lernen, mich in solchen Momenten, besser durch zu setzen. Auf halbem Weg zurück zum Hotel hält uns eine Polizei-Patrouille auf und fragt, ob bei uns alles in Ordnung sei. Germain erklärt uns, dass nach Einbruch der Dunkelheit die Polizei auf dieser Strecke regelmässig Kontrollen macht, weil hier immer wieder Touristen-Autos überfallen werden. Wir fühlen uns mit unserem überaus ruhigen und erfahrenen Fahrer Germain jedoch jederzeit sicher und wohl.

 

Am nächsten Tag geht’s auf die abwechslungsreiche Fahrt von Ranohira nach Fianarantsoa. Eine fast 300 Kilometer lange Strecke entlang endlos langen, geraden Strassen, die uns an die USA erinnern, vorbei an sanften Hügeln und herrlichen Bergketten. Unterwegs machen wir in einem kleinen Privat-Park einen Rundgang mit zwei Guides, die uns mit einer Vielzahl von Tieren – Lemuren, Chamäleons und Geckos überraschen. Unter der brennender Madagaskar-Sonne verläuft unsere Entdeckungstour glücklicherweise meist im schattenspendenden Wald. Unsere beiden Guides strahlen; sie haben unsere Erwartungen übertroffen und damit vor allem unsere Spendier-Freude in Form eines entsprechenden Trinkgeldes geweckt haben.

 

Etwas später führt uns Germain zu einem der grössten Zebumärkte von Madagaskar. Er findet zwei Mal wöchentlich statt und zieht viele Bauern, Händler, Tiere und Käufer an. Wir sind die einzigen Touristen und beobachten freudig und fotografierend diese aufregende, bunte Viehmarkt-Szene.

Nach dem Mittagessen bestaunen wir in einer Papierfabrik von Ambalavao die Herstellung des Antemoro-Papiers. Das Papier wird aus der Rinde des Havoha-Baumes mit viel Handarbeit hergestellt und mit kunstvollen Blumenmotiven verziert.

 

In Fianarantsoa übernachten wir im Lac Hotel. Das Hotel macht einen gepflegten Eindruck, die Angestellten sind sehr zuvorkommend. Als wir zu unserer „Lodge“ geführt werden, erleben wir eine Überraschung. Zum ersten Mal übernachten wir in einem Baumhaus, dem einzigen der Hotelanlage. Innen ist es sehr klein und eng, es hat aber sogar eine Toilette mit Lavabo. Wie wir unser Gepäck reingepfercht haben ist mir noch heute ein Rätsel. Die Übernachtung ist abenteuerlich und recht witzig, in der Nacht wird es aber sehr feucht. Wir sind dann schlussendlich doch ziemlich froh, dass wir nicht mehrere Nächte in dieser feuchten, engen Behausung übernachten müssen.

 

Am nächsten Morgen fassen wir unsere Lunch-Pakete und warten auf unser nächstes Abenteuer. Es ist die Tagesfahrt mit dem Zug von Fianarantsoa nach Manakara. Mit den anderen Touristen und einigen Einheimischen, welche im Hotel übernachtet haben, tigern wir aufgeregt auf dem Bahnsteig hin und her. Wann kommt der heiss begehrte Zug denn endlich? Erwartungsgemäss verspätet erscheint der Zug dann endlich im morgendlichen Nebel. Wir steigen in eines der beiden „luxuriösen“ Touristen-Wagen. Luxuriös heisst, dass alle Fahrgäste einen eigenen Sitzplatz für sich beanspruchen können und eine Toilette zur Verfügung steht. Ein Blick in diese Vorrichtung lässt uns alle jedoch bei jedem Zughalt lieber die freie Natur für dieses „Geschäftes“ nutzen.

Die Beinfreiheit und der Sitzkomfort auf den harten Holzbänken entsprechen zwar nicht ganz den Verhältnissen, die wir gewohnt sind, das aussergewöhnliche Zugabenteuer lässt uns dies jedoch schnell vergessen. Die altersschwache Lokomotive mit Bahnwagen aus der Schweiz (Schindler, Zürich Baujahr 1936) windet sich ächzend steile Hänge hinauf und hinunter, passiert Reisfelder, Teeplantagen, dichte Wälder und fährt durch 48 stockdunkle Tunnels sowie 67 halsbrecherisch wirkende Brücken. Auch die Haltestellen in Dörfern ist jedes Mal ein Erlebnis. Meine Kamera kommt auf jeden Fall während der ganzen Fahrt kaum zur Ruhe.

 

Unvergessen bleibt - vor allem natürlich den mitfahrenden Touristen - der kleine Zwischenfall, als die letzten drei Wagen plötzlich mitten in der Fahrt stehen bleiben. Die Lokomotive und die restlichen Wagen tuckern derweil frischfröhlich weiter. Als der Lapsus bemerkt wird, fährt die vordere Zugkomposition im Schneckentempo zurück und ein paar kompetent dreinblickende Bahnarbeiter hängen unsere Wagen wieder an. Nicht zu denken, was passiert wäre, wenn die Wagen an einem steilen Berghang, in einem der stockdunklen Tunnels abgehängt worden wären! Die restliche Fahrt verläuft dann aber ohne weitere Komplikationen …

 

Wir bewältigen die 163.4 Kilometer in rund 12 Stunden. Dabei steht der Zug mehrmals für längere Zeit in Bahnstationen still, wo an den Bremsen und weiteren Teilen des Zuges herumhantiert wird. Es hätte mich eigentlich sehr interessiert, was es denn am Zug herumzudoktern gibt, Walter meint aber - nach einem Blick unter den Zug mit den hämmernden und schraubenden „Mechanikern“ - dass ich das bestimmt nicht wirklich wissen wolle. Ich habe nicht vor, mir meine Freude an diesem Erlebnis durch irgendwelche sorgenvolle Gedanken zu verderben und konzentriere mich deshalb lieber wieder auf meine unerschöpflichen Fotomotive.

 


Fortsetzung in Teil 3 ...