Wie gewohnt wartet bei unserer Ankunft im Bahnhof von Manakara Germain, der uns ins Hotel fährt. Auf der Strecke nach Ranomafana am folgenden Tag wechseln sich kahle, karge Hügel mit grünen Landschaften, Palmenwäldern und kleinen Bergdörflein ab. Unterwegs schauen wir auch Goldwäschern – vorwiegend junge und ältere Frauen mit ihren Kindern – bei ihrer schweren Arbeit zu.
Wir beziehen im Hotel Ihary unsere kleine, aber saubere Hütte mit Sicht auf den Fluss. Vor dem Nachtessen lernen wir unseren Guide für den Park-Rundgang im Nationalpark von Ranomafana vom nächsten Tag kennen. Er heisst José und macht uns einen überaus kompetenten Eindruck. Im Buch „Know-how“ lesen wir später, dass er als einer der drei vorbildlichen Park-Guides erwähnt ist. Wir treffen José und seinen „Vorläufer“ – ein Gehilfe, welcher vorgeht, die Tiere im Dickicht ausfindig macht und uns dann zu diesen führt – bei der Forschungsstation des Parks.
Wir marschieren also schon bald darauf los – zusammen mit unzähligen Touristen. Die meisten zotteln jedoch in grösseren Gruppen ihren Guides nach und haben kaum Zeit, mal irgendwo länger stehen zu bleiben und über die Vielfalt dieses Parks zu staunen. Da auch José sich an den Touri-Massen stört, die mit ihrem Geplapper und lautem Gestampfe die anwesenden Tiere sowieso vertreiben würden, sucht er immer wieder Wege abseits der üblichen Entdeckungspfade. Wir verhalten uns sehr still und bewegen und möglichst leise. So sehen wir verschieden Arten von Lemuren, Chamäleons und sogar eine überaus giftige Spinne, welche mit ihrem Gift sogar Menschen töten kann.
José erzählt uns nicht nur viel über die einheimische Vegetation und die hier lebenden Tiere; wir unterhalten uns auch lange über die aktuelle politische Lage und die Lebensumstände der Madagassen. Im über vierstündigen Rundgang – bei „schwül-heissem“ Wetter - geht es ständig rauf und runter, über Brücken, durchs Dickicht, zwischen Bambuswälder, Farne und sonstiges Gestrüpp hindurch. Ich bin ganz schön erleichtert, diese Strapazen überlebt und auch noch Appetit für das Mittagessen zu haben.
Am Abend holt uns José nochmals ab. Wir gehen mit ihm auf eine Nachtwanderung. Dabei beobachten wir viele nachtaktive Tiere. Unglaublich, wie geübt die Augen Josés sind. Er findet die Tiere an den Baumstämmen, Blättern, Pflanzenstielen, unter Steinen oder auf Mauern, die wir mit unseren ungeübten Augen meist erst nach langem Absuchen entdecken. Viele passen sich farblich und mit ihren Körperformen völlig an ihre Umgebung an und können kaum noch von dieser unterschieden werden.
Heute geht es nach Ambositra, ein für ihr Holzhandwerk bekanntes Städtchen. Auf unserer vierstündigen Fahrt bestaunen wir kurz nach der Abfahrt von Ranomafana einen tosenden Wasserfall, danach passieren wir hügelige Gebiete, Reisterassen und viele Dörfer mit ihren typischen braunen Häusern. Wir beziehen im besten Hotel des Ortes – wie uns Germain erklärt – ein kleines, einfaches Hüttchen und gehen kurz darauf auf Entdeckungstour. Es ist ein lebhaftes Städtchen mit vielen Menschen und unzähligen Shops und Marktständen. An der Haupt-Durchgangsstrasse verkehren viele Menschen, einige von ihnen suchen sich mit ihren Holz-Karren einen Weg durch die Menge, Zebus mit und ohne Wagen, rikscha-ähnliche „Taxis“, Fahrräder, Mofas und Autos quengeln sich durch die lebhafte Menge … erstaunlicherweise können wir keine Zusammenstösse ausmachen.
Zwei Musiker bereichern das Abendessen im Hotel mit ihrer Musik und ihrem Gesang. Der eine spielt eine Gitarre, der andere imponiert uns mit einem traditionellen Instrument, welches wie eine Zitter klingt. Wir klatschen und singen mit als ob wir die Lieder kennen würden und beeindrucken damit die höchst erfreuten, freudestrahlenden Künstler. Als kleine Erinnerung an den Abend kaufen wir den beiden eine CD ab.
Am nächsten Tag wartet eine sechsstündige Fahrt durch Gemüse- und Reisbauregionen auf uns. Es geht zurück in die Inselhauptstadt Antananarivo. Germain kennt uns allmählich ganz gut und fragt uns mittlerweile an gewissen Stellen ganz von sich aus, ob er anhalten solle, damit ich fotografieren kann. Ein überaus liebenswerter Mensch. Manchmal mache ich jedoch nur ihm zuliebe ein paar Fotos, da beispielsweise unschöne Masten, Leitungen oder andere Störfaktoren ein schönes Bild unmöglich machen oder ich gute Bilder von ähnlichen Motiven schon im Kasten habe. Ich weiss aber seine Hilfsbereitschaft und Geduld sehr wohl zu schätzen.
Nach der Übernachtung in Tana geht die Reise zum letzten Aufenthaltsort unserer Madagaskar-Reise. Germain bringt uns in seinem klapprigen Auto ins rund 120 Kilometer entfernte Anjozorobe. Im Reiseprogramm sind für diese Strecke rund drei Stunden vorgesehen. Nur … diese Fahrzeit ist für eine Fahrt in einem Geländewagen berechnet. Der Agent unseres Reisebüros informiert uns aber, dass leider gerade keiner zur Verfügung stehe und deshalb Germain uns zu unserem Hotel fahren werde. Dies sei aber bei den aktuellen Wetterverhältnissen kein Problem, ein guter Fahrer schaffe problemlos.
Ohne dies eine Sekunde anzuzweifeln willigen wir ein, natürlich auch im Wissen, dass Germain ein guter Fahrer ist. Dieses Vertrauen wird vor allem in der letzten Teilstrecke, arg auf die Probe gestellt. Die Strasse lässt sich zeitweise kaum als Strasse erkennen, hat Schlaglöcher so gross wie halbe Kraterlöcher und ist an gewissen Stellen mit so viel Gräsern und Gestrüpp überwachsen, dass Germains Auto-Unterseite immer wieder irgendwo anstösst. Bei jedem Knall und Geknatter zucke ich zusammen und hoffe inniglich, dass das Fahrzeug diese Tortur überlebt. Mit der Zeit schliesse ich die Augen und versuche, mich mit positiven Gedanken von diesen beängstigenden Geräuschen abzulenken.
Das gelingt mir aber nicht immer. Wenn das Auto bei einem Schlagloch mal wieder bedenklich in Schieflage gerät, stelle ich mir gedanklich bereits vor, wie wir mit Sack und Pack in der grössten Nachmittagshitze Madagaskars die restlichen Kilometer zu Fuss überwinden. Ein unschöner Gedanke.
Die Geschichte nimmt schlussendlich aber doch ein gutes Ende. Unser stoisch ruhiger Fahrer Germain überwindet alle Hindernisse und schafft es auch, uns zu unserem Hotel „Mananara Lodge“ – eine Anlage mitten im Wald – zu fahren, ohne sein Auto zu demolieren. Nach einem Blick unter seinen Wagen meint er, dass nichts kaputt gegangen sei, was nicht repariert werden könne.
In einem grösseren Gebäude mitten in der Anlage ist das gemütliche Restaurant mit grossem Cheminé und einer Veranda untergebracht ist. Rundherum hat es kleine Fusswege, Sträucher, Bäume, Gras, Blumen, ein paar einfache Zeltunterkünfte, sowie ein paar einfache Bungalows.
Unsere Unterkunft besteht zur Hälfte aus Holz, die andere aus Zeltplache. Die gemütliche Veranda zeigt auf den gegenüberliegenden Hügel mit dem Primärwald. Nachts hören wir keinen Ton ... bis auf ein paar undefinierbare Tiergeräusche und lärmenden Affen, die sich anscheinend ihre Tagesgeschichten erzählen.
Schlafraum und Bad sind einfach, aber sehr schön! Da es am Abend immer sehr kühl wird, benutzen wir den Ofen im Raum und geniessen dabei die gemütliche Stimmung des knisternden Holzes. Duschen können wir nur gegen Abend im Aussenbereich der "Hütte", nachdem ein Angestellter draussen den Holzofen zum Funktionieren gebracht hat, der das Wasser wärmt. Ab dem zweiten Tag, heizen wir den Ofen aber selber.
Jeden Abend besuchen uns auf dem Dach kleine Mausmakis, eine in Madagaskar beheimatete Primatengattung aus der Gruppe der Lemuren. Zu ihnen gehören die kleinsten Primaten überhaupt. Sie auf unseren Stühlen auf der Veranda zu beobachten zu können, ist ein eindrückliches Erlebnis.
Wir sind drei Tage lang die einzigen Gäste des Hotels und werden von den Angestellten überaus zuvorkommend und liebenswert behandelt. Obwohl die Chefin der Anlage in der Stadt ist, fehlt es uns an nichts. Das Essen ist vorzüglich und überaus ausreichend.
Am letzten Tag vor unserem Rückflug in die Schweiz besichtigen wir die 20 Kilometer nördlich von Antananarivo liegende heilige Stadt Ambohimanga (Uebersetzung: blauer Hügel), welche seit 2001 als UNESCO-Weltkulturerbe ausgewiesen ist. das in seinem ursprünglichen Zustand belassene Königshaus bietet einen fantastischen Blick auf die umliegende Landschaft.
Monsieur Patrick – Chef des madagassischen Reisepartners unseres Reisebüros „AQUATERRA Travel“ aus der Schweiz – lädt uns an unserem letzten Tag ins noble Restaurant „Villa Vanille“ in Tana ein. Als Kompensation für die Fahrt im gewöhnlichen Auto nach Anjozorobe, anstatt im komfortableren Geländewagen. Er kommt sogar persönlich vorbei, um sich von uns zu verabschieden und sich für unseren Besuch in Madagaskar zu bedanken. Er fordert uns auf, aus der Speisekarte zu wählen, was wir wollen und auch einen guten Wein dazu zu bestellen. Was wir natürlich nicht machen. Das Essen ist perfekt, der Service professionell – vielleicht ein bisschen zu steif – und die Ambiente sehr vornehm. Vorspeise, Hauptspeise und vor allem die „Crèpe Vanille“ des Hauses zum Abschluss waren einfach vorzüglich. Der krönende Abschluss einer unvergesslich schönen Reise!
Wir können das Schweizer Reisebüro „AQUATERRA Travel“ bestens empfehlen. Es ist auf unsere Spezialwünsche eingegangen und hat zusammen mit dem kompetenten Partner in Madagaskar dafür gesorgt, dass auf unserer Reise durch Madagaskar alles bestens geklappt hat. Dazu beigetragen haben auch die vertrauenswürdigen, hilfsbereiten und sympathischen Fahrer und Guides, welche wir kennen und schätzen lernen durften.
Vielen DANK an alle, die geholfen haben, diese Reise für uns unvergesslich zu machen!